Außergerichtliche Einigung: Erste Deals zwischen NASCAR und Klägern bekannt

Außergerichtliche Einigung: Erste Deals zwischen NASCAR und Klägern bekannt
Foto: NASCAR Media / Logan Riely/Getty Images

NASCAR, 23XI Racing und Front Row Motorsports haben ihren erbitterten Kartellrechtsstreit beigelegt – Die Teams erhalten ihre Charter zurück, bekommen finanzielle Zugeständnisse und setzten eine neue Struktur für die Zukunft der Königsklasse durch

Der monatelange und teils öffentlich scharf geführte Konflikt zwischen der NASCAR und den beiden Rennställen 23XI Racing sowie Front Row Motorsports (FRM) ist beendet. Am Donnerstag einigten sich die Parteien vor dem Gericht in North Carolina auf einen Vergleich, der weitreichende Folgen für die Struktur des Sports haben wird.

Die wichtigste Nachricht für die Fans und Mitarbeiter vorab: Beide Teams erhalten ihre jeweils drei Charter-Verträge zurück und werden so behandelt, als hätten sie diese nie verloren. Doch hinter den Kulissen wurden Details festgezurrt, die den Teams deutlich mehr Sicherheit und Mitspracherecht garantieren, als es der ursprüngliche Vertragsvorschlag von NASCAR vorgesehen hatte.

Im Kern des Vergleichs steht die Rückgabe der insgesamt sechs Charter an die Teams von Michael Jordan, Denny Hamlin und Bob Jenkins. Interessant ist hierbei die finanzielle Regelung: 23XI und FRM werden rückwirkend so bezahlt, als wären sie im Jahr 2025 durchgehend Charter-Teams gewesen – ein wichtiger finanzieller Ausgleich für die entgangenen Garantien während des Streits.

Der vielleicht größte Sieg für die Kläger ist jedoch die Festlegung auf sogenannte „Evergreen“-Charter. Das bedeutet, dass die Charterverträge nun dauerhaft gültig sind und nicht mehr alle paar Jahre komplett neu verhandelt werden müssen. Zwar werden die wirtschaftlichen Bedingungen weiterhin in regelmäßigen Abständen – wahrscheinlich parallel zu neuen TV-Verträgen – angepasst, aber der Status als Charter-Team an sich ist nicht mehr befristet.

Hamlin, Mitbesitzer von 23XI Racing, betonte in einer Stellungnahme die Bedeutung dieses Schrittes für die wirtschaftliche Stabilität: „Mein Ziel als Mitglied des Verhandlungskomitees der Teams war es, ein Wirtschaftsmodell zu schaffen, das nachhaltiger für die Teams ist und ein gerechteres sowie transparenteres System innerhalb der NASCAR etabliert. Dieser Vergleich erzielt bedeutende Fortschritte in Richtung dieser Säulen.“

Ein weiterer zentraler Punkt ist die Anpassung der Governance-Regeln. Im alten System hatten die Teams die Möglichkeit, gegen NASCAR-Vorschläge zu stimmen, die sie Geld kosten würden.

Allerdings war dieses Veto-Recht auf drei Fälle beschränkt – die sogenannte „Three-Strike-Rule“. Im Rahmen der Einigung wurde diese Grenze nun auf fünf Fälle („Five-Strike-Rule“) angehoben, was den Rennställen mehr Macht gibt, kostspielige Regeländerungen der Serienleitung zu blockieren.

Auch finanziell gibt es Neuerungen, die über die reinen Preisgelder hinausgehen. In der Vergangenheit sahen die Teams keinen Cent aus den internationalen Medienrechten der NASCAR. Das ändert sich nun: Die Teams werden an diesen Einnahmen beteiligt, auch wenn die genaue Höhe noch nicht öffentlich bekannt ist. Das könnte NASCAR-TV-Rechte auf internationaler Ebene für TV-Sender verteuern.

Zudem erhalten die Rennställe künftig ein Drittel der Einnahmen aus neuen Geschäftsabschlüssen, bei denen das geistige Eigentum der Teams genutzt wird.

Basketball-Legende und Teambesitzer Jordan zeigte sich zufrieden mit dem Ergebnis und unterstrich den prinzipiellen Charakter des Rechtsstreits: „Von Anfang an ging es in diesem Prozess um Fortschritt. Es ging darum sicherzustellen, dass sich unser Sport auf eine Weise entwickelt, die alle unterstützt: Teams, Fahrer, Partner, Angestellte und Fans.“

Trotz der „Ewigkeit“ der Charter gibt es Mechanismen für eine Trennung. Sollte ein Team die neuen Bedingungen in Zukunft nicht akzeptieren, bleibt der Charter-Status zunächst bestehen, das Team erhält jedoch Zeit, seine Lizenzen zu verkaufen.

NASCAR sichert sich hierbei allerdings ein größeres Stück vom Kuchen: Der Anteil der Liga am Verkaufserlös eines Charters steigt von bisher zwei Prozent auf nun zehn Prozent. Zudem müssen zwei Drittel der Teams einer Verlängerung der Konditionen zustimmen.

Teil der Einigung ist auch eine Schadensersatzzahlung seitens NASCAR an 23XI Racing und Front Row Motorsports in unbekannter Höhe. Über die genauen finanziellen Summen wurde Stillschweigen vereinbart.

In einer gemeinsamen Erklärung versuchten alle Parteien, den Blick nach vorne zu richten und die Wogen zu glätten: „Diese Lösung spiegelt unser gemeinsames Engagement wider, einen fairen und gerechten Rahmen für die langfristige Teilnahme an Amerikas führendem Motorsport zu wahren.“

Damit ist die Kuh vom Eis, und der Fokus kann sich wieder auf das richten, was eigentlich im Mittelpunkt stehen sollte: das Racing auf der Strecke. Für 2026 bedeutet dies, dass alle 36 Charter-Autos wie gewohnt an den Start gehen werden – mit etwas mehr Sicherheit im Rücken und einem neu geordneten Machtgefüge in den Konferenzräumen von Charlotte.

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Freiberuflicher Kommentator & Journalist | Zur Webseite |  + posts

Andrés Faszination für den Motorsport begann in seiner Kindheit, als er regelmäßig Ovalrennen in den Niederlanden besuchte und abends NASCAR- sowie IndyCar-Rennen im TV verfolgte. Während seines Ökonomiestudiums begann er 2014 als Hobby-Redakteur über den Rennsport zu schreiben und machte seine Leidenschaft zum Beruf. Heute ist er NASCAR-Kommentator bei Sportdigital1+ und begleitet IndyCar & IMSA live auf Motorvision+ – dazu kommen viele weitere Rennserien im Highlights-Format. Als Redakteur schreibt er für Motorsport-Total, Motorsport.com und Formel1.de und ist zudem Reporter, Kommentator und Redakteur im Mediateam der NASCAR Euro Series.

André Wiegold

Andrés Faszination für den Motorsport begann in seiner Kindheit, als er regelmäßig Ovalrennen in den Niederlanden besuchte und abends NASCAR- sowie IndyCar-Rennen im TV verfolgte. Während seines Ökonomiestudiums begann er 2014 als Hobby-Redakteur über den Rennsport zu schreiben und machte seine Leidenschaft zum Beruf. Heute ist er NASCAR-Kommentator bei Sportdigital1+ und begleitet IndyCar & IMSA live auf Motorvision+ – dazu kommen viele weitere Rennserien im Highlights-Format. Als Redakteur schreibt er für Motorsport-Total, Motorsport.com und Formel1.de und ist zudem Reporter, Kommentator und Redakteur im Mediateam der NASCAR Euro Series.
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