Härtetest in der Höhe: Mexiko-Debüt stellt NASCAR-Piloten und -Technik auf die Probe

Die NASCAR wagt mit dem Ausflug auf das Autodromo Hermanos Rodriguez einen großen Schritt: Neue Strecke, dünne Luft, extreme Belastung – Die Fahrer und Teams erwartet eine einzigartige Herausforderungen beim Auslandsdebüt in Mexiko
Mit dem Rennen in Mexico City geht die NASCAR einen besonderen Schritt. Der Lauf in der mexikanischen Hauptstadt ist das erste internationale Event der Rennserie in der modernen Ära. Lediglich von 2005 bis 2008 war die heutige Xfinity Series als Nationwide Series auf dem Autodromo Hermanos Rodriguez unterwegs. Dennoch stellt der Kurs besondere Herausforderungen an Mensch und Maschine.
Die größte Herausforderung der Strecke ist ihre extreme Höhenlage. Mit 2.285 m über NN ist Mexiko-Stadt der höchstgelegene Ort, an dem die Cup-Series zu Gast ist. Zum Vergleich: Die Stadt Charlotte, in der die meisten Teams zu Hause sind, befindet sich ca. 270 m über NN.
Durch den großen Höhenunterschied fällt der Luftdruck massiv ab. Das Autodromo Hermanos Rodriguez, auf dem auch Formel-1-Rennen ausgetragen werden, liegt südöstlich des Zentrums von Mexiko-Stadt. Der Umgebungsdruck beträgt hier rund 780 Hektopascal, was etwa dem Druck in einer Flugzeugkabine entspricht.
Weniger Luft, weniger Leistung: Höhenlage bremst V8-Motoren aus
Der geringere Atmosphärendruck auf 2.200 Meter wirkt sich direkt auf die Leistung der V8-Saugmotoren aus. Da weniger Sauerstoff für die Verbrennung zur Verfügung steht, sinkt die Motorleistung. Bei den ursprünglichen 670 PS auf Standardhöhe führt dies zu einem Verlust von etwa 23 Prozent – die Motoren leisten in der Höhe nur noch rund 515 PS. Dieser Effekt ist typisch für Sauger, da sie im Gegensatz zu Turbomotoren keine kompensierende Ladedruckerhöhung nutzen können.
Die Formel-1-Boliden, die ebenfalls auf dieser Strecke fahren, kompensieren dank ihrer turbogeladenen Power Units den Leistungsverlust in der Höhe weitgehend. Die NASCAR-Autos kämpfen hingegen mit einem spürbaren Leistungsrückgang. Dafür ist die Aerodynamik in der Rennserie weniger kritisch: Da die Autos primär auf mechanischem Grip basieren, wirkt sich die geringere Luftdichte kaum auf den Abtrieb aus – im Gegensatz zur Formel 1, wo der aerodynamische Abtrieb in der Höhe deutlich abfällt.
Von weiterer Relevanz könnte die Kühlung der Rennwagen sein. Diese kühlen die Motoren, indem sie die Luftpartikel durch die Kühleinlässe strömen lassen. Dabei nehmen sie Wärme der Komponenten auf, bevor sie als heiße Luft aus dem Next Gen abgegeben werden. Aufgrund der Höhenlage wird demnach weniger Luft durch die Kühler geleitet, was zu Überhitzungen führen könnte.

Kondition als Schlüssel: Dünne Luft bringt Fahrer an ihre Grenzen
Neben den technischen Herausforderungen müssen sich auch die Rennfahrer an die Höhenlage anpassen. Motorsport ist ein Extremsport, der die NASCAR-Stars selbst auf normalen Strecken enorm fordert. Durch die geringere Anzahl an Sauerstoffmolekülen in der Luft könnte dies zu extremen Anstrengungen führen.
Wie sich die Piloten auf das Wochenende präparieren, ist ihre Privatsache und es gibt keine offiziellen Vorschriften. Da keiner der aktuellen Teilnehmer Bergsteiger ist, die sich teilweise über Monate hinweg auf große Höhen trainieren, wäre eine Vorbereitung jedoch sinnvoll.
NASCAR-Cup-Champion Chase Elliott hat sich über diese Thematik schon Gedanken gemacht: “Ich hatte darüber nachgedacht, vor dem Wochenende oder vor der Reise dorthin [nach Mexiko] irgendwohin zu fahren, wo die Höhenlage ähnlich ist. Aber ich bin mir nicht sicher, ob mein Zeitplan das zulässt. Deshalb reise ich früher als sonst zu einem Rennwochenende nach Mexiko-Stadt.”
Der Fahrer der #9 weiß aus vorheriger Erfahrung, dass er mit solchen Höhen keine Probleme hat: “Ich war vor etwa einem Monat schon einmal in Mexiko-Stadt und wir haben dort ein paar Medientermine für das Rennen gehabt. Zum Glück habe ich mich damals gut gefühlt. Man muss einfach abwarten, wie es sich anfühlt, wenn man dann wirklich auf der Strecke ist.“
Neuland für die NASCAR: Wochenlange Vorbereitung
Neben Elliott hat sich auch Kaulig-Pilot Ty Dillon auf den Lauf vorbereitet. Da der Track komplett neu im NASCAR-Kalender ist, haben viele Piloten so gut wie keine Erfahrung mit dem Kurs. Lediglich die „Alterspräsidenten“ Denny Hamlin und Kyle Busch gewannen 2006 bzw. 2008 die Events der heutigen Xfinity Series auf dem Circuit.
Dillon hat eigenen Aussagen zufolge schon viele Stunden im Simulator verbracht: “Ich habe in den letzten neun Wochen jeden Dienstag etwa zwei Stunden pro Woche in einem statischen Simulator zusammen mit meinem Crew Chief auf der Strecke trainiert. […] Wir beide haben uns zum Ziel gesetzt, vor dem Rennen mehr Runden als jeder andere gefahren zu sein. […] In der Computerversion bin ich mittlerweile ziemlich gut. Mal sehen, was passiert, wenn wir dann auf die echte Anlage kommen.”
Trotz der körperlichen Herausforderungen wird der Ausflug ins Ausland von den Fahrern gut aufgenommen. Wood-Brothers Pilot Josh Berry freut sich vor allem auf das Layout des 3,9 km langen Kurses: “Es ist auf jeden Fall ein ziemlich cooler Streckenverlauf. Das wird interessant. Ich denke, es wird viele Überholmöglichkeiten geben. In den S-Kurven könnte es Probleme mit den Track-Limits geben, weil sie einfach sehr eng sind. Ich denke, das könnte ein gutes Rennen werden und genau das wollen wir ja sehen.”
Wie der Ausflug nach Mexiko am Ende ausgeht, wird sich am 15. Juni zeigen, wenn die NASCAR ihre erste internationale Veranstaltung in der Next-Gen-Ära feiern wird. Fakt ist: Die Premiere wird ein spannender Härtetest für die Serie.
Autor(en)
Eriks Begeisterung für den Motorsport entfaltete sich frühzeitig, als er gemeinsam mit seinem Vater den Sachsenring besuchte. Das dort stattfindende ADAC GT Masters war ein prägendes Erlebnis für ihn. 2017 entdeckte er durch Zufall NASCAR im Fernsehen und schaute gemeinsam mit seinem Vater, einem großen Fan, die Rennen. Schon als Simracer kommentierte er virtuelle Ligen für Abgefahren Community und Virtual Racing. So kam er in Kontakt mit der Welt der Kommentatoren. Im Laufe seines Lebens besuchte er zahlreiche Live-Events. Sein Interesse gilt nicht nur den Rennen selbst, sondern auch dem Geschehen im Fahrerlager. Um seine Leidenschaft weiter auszubauen, entschied er sich, bei Leadlap.de als Hobbyredakteur und Podcaster seine nächsten Schritte in der Medienwelt zu machen.
Du muss angemeldet sein, um einen Kommentar zu veröffentlichen.