Der große NASCAR-Vergleich: Die Autos in den USA und internationalen Serien
Von der V6-Revolution in Brasilien bis zum 750-PS-Monster der NASCAR Cup Series – Das steckt wirklich unter dem Blech der globalen NASCAR-Boliden
NASCAR ist längst kein rein amerikanisches Oval-Phänomen mehr. Die Marke ist ein globales Labyrinth aus neun verschiedenen Top-Serien, die alle den gleichen Dachverband, aber völlig unterschiedliche technische Konzepte verfolgen.
Während an der Spitze der Cup Series das millionenschwere Next-Gen-Auto mit Transaxle-Getriebe und Diffusor fährt, setzt man in Brasilien auf V6-Motoren und in Europa auf leichte V8-Einheitsautos. Doch was unterscheidet die Fahrzeuge im Detail? Eine technische Analyse von der NASCAR Cup Series bis zur Whelen Modified Tour.
Die US-Spitze: Cup, Xfinity & Trucks
An der Spitze der Nahrungskette stehen die drei nationalen US-Serien. Sie definieren das moderne NASCAR-Bild, sind aber technisch – und vor allem bei den Kosten – meilenweit voneinander entfernt.
NASCAR Cup Series

Das Next-Gen-Auto ist der größte technische Sprung in der NASCAR-Geschichte und brach mit vielen Traditionen. Es ist im Grunde ein Prototyp mit einer Tourenwagen-Silhouette.
- Motor: 5,9-Liter V8
- Leistung: 750 PS (ab 2026 auf Short-Tracks und Rundkursen), 670 PS (auf Intermediate-Ovalen) oder 510 PS (Superspeedways)
- Getriebe: 5-Gang sequenzielles Transaxle-Getriebe (Getriebe sitzt an der Hinterachse)
- Gewicht: ca. 1.451 Kilogramm ohne Fahrer und Sprit
- Radstand: 2,794 Meter
- Maße (LxBxH): 4,912 x 1,996 x 1,280 Meter
- Reifen: Goodyear, 18-Zoll-Reifen auf Aluminiumfelgen mit Zentralmutter
- Analyse: Der entscheidende Punkt ist nicht nur der Motor. Das Next Gen-Auto nutzt eine Einzelradaufhängung hinten (statt der starren Achse) und einen Heckdiffusor für Abtrieb. Dieses Auto wurde entwickelt, um die Kosten für die Teams durch mehr Einheitsbauteile zu senken und gleichzeitig die Relevanz für die Hersteller durch moderne Technik zu erhöhen.
NASCAR O’Reilly Auto Parts Series

Die zweite Liga: Hier fahren oldschool NASCAR-Autos. Es ist der traditionelle NASCAR-Look, aber mit weniger Leistung und vor allem klassischer Technik.
- Motor: 5,9-Liter V8
- Leistung: rund 650
- Getriebe: Traditionelle 4-Gang-H-Schaltung
- Gewicht: 1.451 Kilogramm ohne Fahrer
- Radstand: 2,667 Meter
- Maße (LxBxH): 5,175 x 1,905 x 1,295 Meter
- Reifen: Goodyear, 15-Zoll-Reifen auf Stahlfelgen mit fünf Radmuttern
- Analyse: Der kürzere Radstand macht die Autos „nervöser“ und schwerer zu fahren – ideal, um das Talent der Fahrer zu testen. Der Hauptunterschied zur Cup-Serie: Es ist Old-School-NASCAR.
NASCAR Craftsman Truck Series

Die Trucks sind aerodynamisch ein Albtraum – und genau das macht das Racing so spannend. Sie nutzen eine ähnliche technische Basis wie die Xfinity-Autos.
- Motor: 5,9-Liter V8
- Leistung: rund 650 PS
- Getriebe: Traditionelle 4-Gang-H-Schaltung
- Gewicht: ca. 1.451 Kilogramm ohne Fahrer
- Radstand: 2,845 Meter
- Maße (LxBxH): 5,245 x 2,032 x 1,524 Meter
- Reifen: Goodyear, 15-Zoll-Reifen auf Stahlfelgen mit fünf Radmuttern
- Analyse: Die Pick-up-Form und das enge Feld sorgen für spannende Rennen. Es kommen Einheitsmotoren zum Einsatz.
Die US-Wurzeln: ARCA & Modifieds
Unterhalb der Top-3-Ligen existieren die Nachwuchs- und Grassrootserien der NASCAR. In der ARCA Menards Series starten Youngsters, in der NASCAR Whelen Modified Tour alteingesessene Fahrer neben jungen Talenten.
ARCA Menards Series

Die ARCA-Serie ist die Brutstätte für junge Talente und technisch oft ein Mix aus alten Cup-Chassis und modernen Motoren.
- Motor: 6,5-Liter V8 (oder ältere Legacy-Motoren)
- Leistung: rund 700 PS ohne Begrenzung
- Getriebe: 4-Gang H-Schaltung
- Gewicht: ca. 1.440 bis 1.508 Kilogramm ohne Fahrer
- Radstand: 2,667 bis 2,794 Meter
- Analyse: ARCA nutzt Autos mit Five-Star-Bodies aus Verbundstoffen der alten Modelle: Chevrolet SS, Ford Mustang und Toyota Camry.
NASCAR Whelen Modified Tour

Die „älteste“ Serie von NASCAR (gegründet 1948) ist die einzige Open-Wheel-Division. Diese Autos sind radikal, leicht und für Short-Tracks gebaut.
- Motor: 5,8- bis 6,0-Liter V8
- Leistung: 625 bis 700 PS
- Getriebe: 4-Gang H-Schaltung
- Gewicht: Mindestens 1.180 Kilogramm
- Radstand: 2,718 Meter
- Reifen: Hoosier
- Analyse: Das Leistungsgewicht ist extrem. Diese Autos sind im Grunde V8-angetriebene Go-Karts für Erwachsene – pures, mechanisches Racing ohne jegliche aerodynamische Hilfsmittel.
Die internationalen Serien: Europa, Amerika & Brasilien
NASCAR expandiert global mit Einheitskonzepten. Diese Autos sind bewusst einfacher und robuster gebaut, um auf den diversen Rennstrecken (Ovalen und Rundstrecken) kostengünstiges Racing zu ermöglichen.
NASCAR Euro Series

In Europa setzt die Serie auf ein pures Einheitsauto, das bewusst auf elektronische Fahrhilfen verzichtet. Es ist ein „Fahrerauto“.
- Motor: 5,7-Liter V8
- Leistung: 400 PS
- Getriebe: 5-Gang-Getriebe sequenziell
- Gewicht: 1.225 Kilogramm
- Radstand: 2,740 Meter
- Maße (LxB): 5,080 x 1,950 Meter
- Reifen: Hoosier
- Analyse: Relativ wenig Leistung trifft auf wenig Gewicht und eine robuste Bauweise. Die NASCAR Euro Series ist konzipiert für harte Tür-an-Tür-Duelle auf engen europäischen Rundstrecken.
NASCAR Mexico Series

Die mexikanische Meisterschaft nutzt ein sehr ähnliches, leichtes Chassis-Konzept wie die EuroNASCAR, aber mit leicht abweichenden Spezifikationen.
- Motor: 5,7-Liter V8
- Leistung: 400 PS
- Getriebe: 4-Gang-H-Schaltung
- Gewicht: 1.216 kg Kilogramm ohne Fahrer
- Radstand: 2,718 Meter
- Maße (LxBxH): 5,213 x 1,880 x 1,321 Meter
- Reifen: General Tire
- Analyse: Noch leichter als das Euro-Pendant. Diese Autos sind extrem agil und für die Mischung aus Ovalen und Rundkursen in Mexiko ausgelegt.
NASCAR Canada Series

Kanada nutzt Boliden, die stark an die US-Fahrzeuge der Gen-4- und Gen-6-Ära erinnern. Sie sind schwerer und stärker als die Euro- oder Mexiko-Autos.
- Motor: 6,0-Liter V8
- Leistung: 525 PS
- Getriebe: 4-Gang H-Schaltung
- Gewicht: 1.380 Kilogramm
- Radstand: 2,730 Meter
- Maße (LxBxH): 5,029 x 1,905 x 1,245 Meter
- Reifen: General Tire
- Analyse: Ein starker Kompromiss. Robust genug für Ovale, agil genug für die vielen Stadt- und Rundkurse, die den kanadischen Kalender prägen.
NASCAR Brasil Series

Die radikalste Abweichung vom NASCAR-Konzept. Die brasilianische Serie ist die einzige, die keine V8-Motoren verwendet, und sie ist mit Abstand die leichteste.
- Motor: 3,6-Liter V6
- Leistung: 360 PS (ab 2026)
- Getriebe: 6-Gang sequenziell
- Gewicht: 960 kg (ab 2026)
- Reifen: Pirelli
- Analyse: Das ist die Revolution. Mit dem „RISE26“-Auto ab 2026 setzt Brasilien auf ein Carbon-Chassis, Schaltwippen und einen V6. Das ist technisch näher an einer GT3- oder DTM-Plattform als an einem klassischen NASCAR-Stockcar. Es zeigt, wie flexibel die Marke NASCAR geworden ist, um sich an lokale Märkte anzupassen.
Autor(en)
Andrés Faszination für den Motorsport begann in seiner Kindheit, als er regelmäßig Ovalrennen in den Niederlanden besuchte und abends NASCAR- sowie IndyCar-Rennen im TV verfolgte. Während seines Ökonomiestudiums begann er 2014 als Hobby-Redakteur über den Rennsport zu schreiben und machte seine Leidenschaft zum Beruf. Heute ist er NASCAR-Kommentator bei Sportdigital1+ und begleitet IndyCar & IMSA live auf Motorvision+ – dazu kommen viele weitere Rennserien im Highlights-Format. Als Redakteur schreibt er für Motorsport-Total, Motorsport.com und Formel1.de und ist zudem Reporter, Kommentator und Redakteur im Mediateam der NASCAR Euro Series.






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