Die späte gelbe Flagge von Chicago: „Wir hatten keine Aufnahmen vom Einschlag“

NASCAR erklärt, warum in Chicago erst in der letzten Runde die gelbe Flagge gezeigt wurde, obwohl Cody Ware bereits eine Runde zuvor in die Reifenstapel gekracht war
Das Finale auf dem Straßenkurs von Chicago hatte zwar einen faden Beigeschmack, wäre aber vermutlich auch unter Grün so ausgegangen. Shane van Gisbergen feierte seinen zweiten Saisonsieg und war in der Innenstadt von Chicago ohnehin das Maß aller Dinge – den Sieg hatte er sich redlich verdient. Trotzdem kam die Gelbphase nach Cody Wares Einschlag in der vorletzten Runde sehr spät und verhinderte so eine Overtime – und damit eine Chance für Tyler Reddick auf recht neuen Reifen.
Doch warum hat NASCAR bis zur letzten Runde gewartet, ehe das Rennen neutralisiert wurde? Im TV gab es den ersten Hinweis: Es wurden keine Bilder des Ware-Unfalls geliefert, sondern nur wenige Sekunden des Fahrzeugs im Reifenstapel. NASCAR selbst habe keine Bilder zur Verfügung gehabt, um die Situation schneller einzuschätzen, sagt Cup-Series-Chef Brad Moran bei SiriusXM NASCAR Radio.
„Wir hatten keine Aufnahmen vom tatsächlichen Einschlag des Autos in die Reifenstapel“, erklärt Moran. „Das ist etwas, das wir mitnehmen und uns genau anschauen werden. Falls wir nach Chicago zurückkehren, werden wir bestimmte Bereiche der Strecke unter die Lupe nehmen und diese Situation definitiv verbessern.“
Moran führt weiter aus: „Wenn ein Auto auf der Ideallinie steht, ändert das unser Vorgehen.“ „Wenn es außerhalb der Ideallinie steht, geben wir dem Fahrer Zeit – was wir im Laufe des Tages ja auch getan haben. Ich glaube, am Ende hatten wir sieben Cautions über 15 Runden. Wir tun unser Bestes, den Fans möglichst viele Grünphasen zu bieten.“ Das stimmt: Es gab mehrere Dreher und Crashs, bei denen NASCAR lange gewartet hat, um eine Gelbphase zu vermeiden.
„Aber wenn wir die Bilder von Codys Einschlag gehabt hätten, wäre die Caution sofort gekommen. Sie wurde allerdings sofort geworfen, als er das Fensternetz heruntergelassen hat. Wir geben den Fahrern die Möglichkeit, sich selbst zu befreien. Hätten wir jedoch von Anfang an diese Einstellung gehabt, hätten wir gewusst, dass das Auto nicht mehr weiterfahren kann. Das liegt an uns. Wir werden das aufarbeiten, wir werden es analysieren, und wenn wir nach Chicago zurückkehren, werden wir definitiv mit einem anderen Plan dorthin gehen.“
Aufnahmen des Crashs gab es im internationalen NASCAR-Feed nicht. Erst Amateuraufnahmen in den sozialen Medien zeigen, wie Ware nahezu ungebremst in den Reifenstapel kracht – mit sehr hoher Intensität. Das hätte aus Sicherheitsgründen eigentlich schon eine Gelbphase nach sich ziehen müssen. Doch NASCAR scheint eine Zeit lang blind gewesen zu sein, da kein Material vorhanden war. Erst als die Lage erkannt wurde, gab es Gelb … in der letzten Runde … ohne Overtime-Finish … mit dem Sieger SVG.
Autor(en)
Andrés Faszination für den Motorsport begann in seiner Kindheit, als er regelmäßig Ovalrennen in den Niederlanden besuchte und abends NASCAR- sowie IndyCar-Rennen im TV verfolgte. Während seines Ökonomiestudiums begann er 2014 als Hobby-Redakteur über den Rennsport zu schreiben und machte seine Leidenschaft zum Beruf. Heute ist er NASCAR-Kommentator bei Sportdigital1+ und begleitet IndyCar & IMSA live auf Motorvision+ – dazu kommen viele weitere Rennserien im Highlights-Format. Als Redakteur schreibt er für Motorsport-Total, Motorsport.com und Formel1.de und ist zudem Reporter, Kommentator und Redakteur im Mediateam der NASCAR Euro Series.