Ein absolutes Märchen für Ross Chastain in Charlotte: Es war einmal ein Melonenfarmer …

Ein absolutes Märchen für Ross Chastain in Charlotte: Es war einmal ein Melonenfarmer …
Foto: NASCAR Media / Jared C. Tilton/Getty Images

Ross Chastain hat völlig überraschend das Coca-Cola 600 auf dem Charlotte Motor Speedway gewonnen – In einer spannenden Schlussphase rang er William Byron nieder

Es war einmal ein Melonenfarmer, der sehr schnell Auto fahren konnte. Er hörte auf den Namen Ross Chastain und sorgte im Epizentrum der NASCAR, auf dem Charlotte Motor Speedway, für einen märchenhaften Sieg. Doch er war nicht allein: Sein Trackhouse-Team hatte einen großen Anteil an dem Erfolg. Sie schufteten bis in die Nacht und ruhten sich kaum aus, um ihrem Fahrer einen besonders starken Ersatz-Chevrolet hinzustellen.

So oder so ähnlich könnte das Märchen um Chastain auf dem Charlotte Motor Speedway losgehen, denn der Sieg des 32-Jährigen war alles andere als erwartet. Im Training krachte er mit seinem Camaro in die Mauer. NASCAR verbot dem Team, das Auto wieder aufzubauen, weshalb das Ersatzauto vorbereitet werden musste – und das dauerte.

Chastain zollt seinem Team Respekt

„Ich saß zum ersten Mal in dem Auto und habe dann am Abend unseren Shop verlassen“, so Chastain. Das war so um 22 Uhr. Das Team hat bis 2:30 Uhr gearbeitet und war um 5:30 Uhr wieder an der Strecke. Die meisten Teammitglieder fahren 30 bis 45 Minuten nach Hause. Sie hatten also nur eine kurze Dusche, denke ich.“

Foto: NASCAR Media / Logan Riely/Getty Images

„Ich weiß nicht einmal, ob sie geschlafen haben. Sie haben das Auto vorbereitet, und das ist die Leidenschaft, die Trackhouse ausmacht. Es gab Leute, die am Samstag eigentlich frei hatten und trotzdem gekommen sind.“ Aufgrund des Unfalls im Training musste Chastain das Rennen von ganz hinten aufnehmen. Lange war von der Startnummer 1 nichts zu sehen.

Byron die dominierende Kraft

An der Spitze schwang William Byron von Hendrick Motorsports den Taktstock, gewann eine Stage nach der anderen und sammelte am Ende sage und schreibe 283 der 400 Runden. Erst spät tauchte die Startnummer 1 von Chastain im Live-Timing auf: erst in den Top 20, dann in den Top 15 und schließlich in den Top 10. Irgendwann biss sich der Trackhouse-Pilot in den Top 5 fest.

Dabei profitierte er davon, dass sich ein Siegkandidat nach dem anderen verabschiedete: Kyle Larson fiel früh aus, Denny Hamlin erhielt beim letzten Boxenstopp nicht genügend Sprit, Carson Hocevar hatte Motorschaden und Christopher Bell hatte im entscheidenden Stint nicht die Pace, um mit Byron mitzuhalten.

Nach dem Favoritensterben war nur noch Chastain da

Am Ende forderte nur Chastain den Hendrick-Piloten heraus und letztendlich machten die letzten Boxenstopps den Unterschied. Der 32-Jährige kam zwei Runden später als Byron an die Box – und diese zwei Runden machten den Unterschied. Chastain hatte etwas frischere Reifen als Byron und schaffte es so, den Youngster kurz vor Schluss zu überholen und hinter sich zu halten.

„Wir sind das 600 gefahren und haben am Ende zwei Autos überholt, die den ganzen Abend besser waren”, so Chastain. „Mein Crew-Chief Phil Surgen wollte, dass ich eigentlich zwei Runden früher zum Stopp komme. Ich bin dann aber zwei Runden länger draußen geblieben, nur weil es etwas Verwirrung gab. Das hat sich am Ende ausgezahlt. Die Reifen haben etwas länger gehalten, weil sie frischer waren. Alter Schwede, wir haben das 600 gewonnen!“

Byron enttäuscht

Der erste Verlierer war Byron, der für sein unglaublich starkes Rennen nicht belohnt wurde. „Er hat mich eingeholt und ich habe versucht, mich zu verteidigen“, so der Hendrick-Pilot. „Das Auto tendierte zum Untersteuern. Dann waren noch zwei Autos um mich herum, was es schwierig gemacht hat.“ Da spricht Byron von Hamlin und Joey Logano, die keine Chancen mehr auf den Sieg hatten.

Foto: NASCAR Media / Logan Riely/Getty Images

„Er hat dann das Manöver gegen mich gesetzt und es geschafft, am Ende von Kurve 2 vor mir zu sein“, so Byron weiter. „Es ist enttäuschend, da wir so viele Runden geführt haben und das Team einen tollen Job gemacht hat. Ich hätte das Manöver vielleicht besser antizipieren können. Ich war lange in der Dirty-Air unterwegs, daher überhitzten meine Reifen. Dann haben wir noch viel Zeit verloren, als die #45 [Tyler Reddick] vor uns fast einen Unfall hatte.“ Byron musste dem Toyota ausweichen, was etwas Zeit kostete.

Hamlin hadert mit Fehler an der Box

Und dann war da noch Hamlin, der gute Chancen hatte. Doch beim letzten Boxenstopp wollte der Sprit nicht in seinen Tank fließen. „Ich bin kein Mitglied der Boxencrew, aber ich habe für das Team alles gegeben, was ich konnte,“, sagt er. „Wir hatten ein tolles Auto und waren vorne mit dabei. Es war ein großartiger Kampf. Ich hätte da gerne mitgemischt, aber leider gelangte nicht genügend Sprit in mein Auto, weshalb ich noch einmal an die Box musste.“

Polesetter Chase Briscoe wurde am Ende Dritter, AJ Allmendinger und Brad Keselowski rundeten die Top 5 ab. Gerade für Keselowski könnte Charlotte der Moment gewesen sein, der den Knoten zum Platzen gebracht hat. Der Routinier erlebte bis dahin eine rabenschwarze Saison, doch in den vergangenen Wochen deutete sich an, dass der RFK-Ford doch noch Pfeile im Köcher hat.

Keselowski glaubt an einen Sieg

„Zur Rennhalbzeit bin ich in einige Situationen verwickelt gewesen, aus denen wir uns befreit haben”, so Keselowski. „Ich hatte das Gefühl, dass wir dieses Rennen sogar hätten gewinnen können. In den vergangenen Wochen waren wir wettbewerbsfähig. Das Auto hat das Potenzial, ein Rennen zu gewinnen, und das müssen wir schaffen. Es zeigt, dass wir es draufhaben, aber ich möchte gewinnen.“

Die nächste Chance dazu hat er in der Nacht von Sonntag auf Montag, den 2. Juni 2025, wenn um ca. 1:00 Uhr deutscher Zeit das Rennen auf dem Nashville Superspeedway stattfindet, der eigentlich kein Superspeedway ist. Der Lauf wird live und auf Deutsch auf Sportdigital1+ übertragen. In eigener Sache: Pete Fink und ich werden das Rennen kommentieren.

Autor(en)

Freiberuflicher Kommentator & Journalist | Zur Webseite |  + posts

Andrés Faszination für den Motorsport begann in seiner Kindheit, als er regelmäßig Ovalrennen in den Niederlanden besuchte und abends NASCAR- sowie IndyCar-Rennen im TV verfolgte. Während seines Ökonomiestudiums begann er 2014 als Hobby-Redakteur über den Rennsport zu schreiben und machte seine Leidenschaft zum Beruf. Heute ist er NASCAR-Kommentator bei Sportdigital1+ und begleitet IndyCar & IMSA live auf Motorvision+ – dazu kommen viele weitere Rennserien im Highlights-Format. Als Redakteur schreibt er für Motorsport-Total, Motorsport.com und Formel1.de und ist zudem Reporter, Kommentator und Redakteur im Mediateam der NASCAR Euro Series.

André Wiegold

Andrés Faszination für den Motorsport begann in seiner Kindheit, als er regelmäßig Ovalrennen in den Niederlanden besuchte und abends NASCAR- sowie IndyCar-Rennen im TV verfolgte. Während seines Ökonomiestudiums begann er 2014 als Hobby-Redakteur über den Rennsport zu schreiben und machte seine Leidenschaft zum Beruf. Heute ist er NASCAR-Kommentator bei Sportdigital1+ und begleitet IndyCar & IMSA live auf Motorvision+ – dazu kommen viele weitere Rennserien im Highlights-Format. Als Redakteur schreibt er für Motorsport-Total, Motorsport.com und Formel1.de und ist zudem Reporter, Kommentator und Redakteur im Mediateam der NASCAR Euro Series.
Facebook
X (Twitter)
YouTube
Instagram