Ein Hoch auf die Sicherheit: Dombrowski überschlägt sich in Brands Hatch dreimal

Ein Hoch auf die Sicherheit: Dombrowski überschlägt sich in Brands Hatch dreimal
Foto: NASCAR Euro Series / Bart Dehaese

Thomas Dombrowski erlebte in Brands Hatch einen der spektakulärsten Unfälle in der Geschichte der EuroNASCAR – Noch beeindruckender war jedoch die Leistung des Teams, das das Auto innerhalb von elf Stunden reparierte

Bei rund 200 Kilometern pro Stunde brach vorne rechts etwas am Chevrolet Camaro von PK Carsport ab, und plötzlich war Thomas Dombrowski nur noch Passagier. Der Franzose versuchte noch, das Auto zu lenken und so die Intensität des Einschlags zu mindern, doch der Chevy krachte in Paddock Hill Bend von Brands Hatch heftig in die Mauer und überschlug sich gleich dreimal. Das Freie Training der NASCAR Euro Series wurde sofort mit roten Flaggen unterbrochen.

Die Sekunden nach einem solchen Einschlag sind immer die schlimmsten, da nichts über den Zustand des Fahrers bekannt ist. Das Auto lag auf dem Dach und die Reifenstapel versperrten Dombrowski den Weg aus dem Fenster auf der Fahrerseite. Das Auto brannte sogar ein wenig, sodass der Franzose durch die Beifahrerseite aussteigen musste. Er schaffte es aus eigener Kraft, fiel anschließend aber zu Boden, weil das Adrenalin in seinen Körper strömte.

Im Krankenhaus kam dann die Gewissheit: Dombrowski ist völlig unverletzt und darf am kommenden Tag Rennen fahren. Er hatte sich lediglich das Knie angeschlagen. Währenddessen empfing PK Carsport das völlig zerstörte Auto in der Box. Nur wenige Minuten später war die Stimmung im Team klar: „Wir kriegen das hin!“ Das belgische Topteam in der NASCAR Euro Series ging sofort an die Arbeit.

Die Meisterleistung von PK Carsport

Nur elf Stunden später war das Auto fertig. Die Mechaniker schliefen keine Sekunde und schlossen die Reparaturarbeiten erst in den frühen Morgenstunden kurz vor dem Qualifying ab. Das Auto war nicht nur fahrbereit, sondern auch sehr schnell: Vittorio Ghirelli stellte die Startnummer 24 mit provisorischem Design in der Qualifikation in Startreihe zwei und sicherte sich im Rennen hinter Ercoli ebenfalls Platz zwei. Auch Dombrowski fuhr, um sein Selbstvertrauen im Rennauto zurückzuerlangen.

Vor seinem Start beschrieb der Franzose aber erst einmal, was im Freien Training passiert war: „Das war ein heftiger Crash. Irgendetwas am rechten Vorderrad ist gebrochen, ich konnte absolut nichts mehr machen. Es passierte genau beim Anbremsen, da war ich mit etwa 200 bis 210 Kilometern pro Stunde unterwegs. Ich habe noch versucht zu lenken, aber das Auto fuhr einfach geradeaus, und der Einschlag war massiv.“

Foto: Julien Ramos

„Ich wusste, dass es passieren würde, und habe es in dem Moment akzeptiert. Also dachte ich nur noch daran, wie sehr es wehtun würde“, erinnert sich Dombrowski. „Ich habe mich drei Mal überschlagen und bin auf dem Dach gelandet. Am schlimmsten war das Feuer. Das zu sehen, war wirklich beängstigend. Damit komme ich nicht gut klar. Deshalb wollte ich auf der Fahrerseite aussteigen, aber da war die Mauer im Weg.“

„Es war total stressig. Ich musste erst einmal durchatmen und überlegen, was ich mache“, so der PK-Carsport-Fahrer weiter. „Zum Glück konnte ich dann auf der Beifahrerseite raus. Ich bin vor Schmerz und wegen des Adrenalins mehrmals zusammengesackt. Ich wurde im Krankenhaus komplett durchgecheckt und bekam grünes Licht für den Start. Mein Knie hat einen ordentlichen Schlag abbekommen, aber im Moment spüre ich den Schmerz nicht mehr. Ich bin im Qualifying gefahren, aber ich war nicht besonders selbstbewusst. Das wird sich sicher bald bessern.“

Ghirelli mit repariertem Auto an der Spitze dabei

Auch Ghirelli äußerte sich zum Crash und zur Meisterleistung seines Teams, erst vor und dann nach dem PRO-Rennen am Samstag: „Ich bin sprachlos. Was gestern passiert ist, kann im Motorsport leider vorkommen. Wir untersuchen immer noch, warum das rechte Vorderrad versagt hat. Das Wichtigste ist, dass es meinem Teamkollegen Thomas gut geht.“

„Das Auto war komplett zerstört. Wir haben sogar darüber nachgedacht, es vom Event zurückzuziehen, weil wirklich jedes einzelne Teil ersetzt werden musste“, so der Italiener weiter. „Das Chassis wurde aufgeschnitten und wieder verschweißt, der Motor wurde getauscht. Nach all dem stand das gesamte Team unter enormem Druck, mir überhaupt ein Auto bereitzustellen.“

„Alles war neu, das Auto war noch ziemlich steif und muss sich erst einfahren“, so der PRO-Champion über die ersten Meter. „Und trotzdem haben wir es in die erste Startreihe geschafft. Ich bin unglaublich stolz auf die Jungs von PK Carsport. Das ist das beste Team, mit dem ich je gefahren bin – fast wie ein Formel-1-Team in der NASCAR.“

Nach dem Rennen sagte er: „Das war ein richtig hartes Rennen. Mein Start war gut, aber die #21 hatte einen unglaublichen Launch außenrum. Ich hing die ersten 15 Runden hinter ihm fest. Als ich endlich vorbeikam, war die #11 schon zu weit weg. Ich konnte keine vernünftige Rundenzeit mehr fahren, weil der Peak der Reifenleistung schon vorbei war.“

„Der Restart war etwas chaotisch, weil ein überrundetes Auto mitten im Feld war“, so Ghirelli. „Ich war nicht direkt an Ercolis Heck, aber ich konnte die Lücke wieder schließen. Auf kalten Reifen hatte ich dann einen schwierigen Moment – da dachte ich mir: Platz zwei ist ein starkes Ergebnis mit vielen Punkten. Wisst ihr, gestern wussten wir nicht einmal, ob wir überhaupt fahren können, nach dem heftigen Crash. Ich bin wirklich glücklich. Wir führen jetzt die Meisterschaft an – der Sieg ist für PK Carsport.“

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Freiberuflicher Kommentator & Journalist | Zur Webseite |  + posts

Andrés Faszination für den Motorsport begann in seiner Kindheit, als er regelmäßig Ovalrennen in den Niederlanden besuchte und abends NASCAR- sowie IndyCar-Rennen im TV verfolgte. Während seines Ökonomiestudiums begann er 2014 als Hobby-Redakteur über den Rennsport zu schreiben und machte seine Leidenschaft zum Beruf. Heute ist er NASCAR-Kommentator bei Sportdigital1+ und begleitet IndyCar & IMSA live auf Motorvision+ – dazu kommen viele weitere Rennserien im Highlights-Format. Als Redakteur schreibt er für Motorsport-Total, Motorsport.com und Formel1.de und ist zudem Reporter, Kommentator und Redakteur im Mediateam der NASCAR Euro Series.

André Wiegold

Andrés Faszination für den Motorsport begann in seiner Kindheit, als er regelmäßig Ovalrennen in den Niederlanden besuchte und abends NASCAR- sowie IndyCar-Rennen im TV verfolgte. Während seines Ökonomiestudiums begann er 2014 als Hobby-Redakteur über den Rennsport zu schreiben und machte seine Leidenschaft zum Beruf. Heute ist er NASCAR-Kommentator bei Sportdigital1+ und begleitet IndyCar & IMSA live auf Motorvision+ – dazu kommen viele weitere Rennserien im Highlights-Format. Als Redakteur schreibt er für Motorsport-Total, Motorsport.com und Formel1.de und ist zudem Reporter, Kommentator und Redakteur im Mediateam der NASCAR Euro Series.
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