„Man sieht, wie viel es ihnen bedeutet“: Historische Pole für Toyota

Chase Briscoe sichert Toyota die erste Daytona-500-Pole – Johnson und Truex atmen auf: Das sind die Reaktionen nach dem Qualifying
Daytona und Toyota – das war bislang keine Erfolgsgeschichte. Bis vor zwei Jahren war Chevrolet mehr als zehn Jahre ungeschlagen auf der Pole-Position des Daytona 500. 2024 setzte sich Joey Logano dann im Ford erstmals gegen die Chevy-Armada durch. Ein Jahr später hat es nun auch Toyota geschafft, die erste Pole für das „Great American Race“ zu holen.
Chase Briscoe ist für diese Leistung verantwortlich. Der Pilot, der im vergangenen Jahr noch für Stewart-Haas Racing in der Startnummer seines Idols Tony Stewart fuhr, wechselte aufgrund des Rückzugs des NASCAR-Veterans zu Joe Gibbs Racing in die Startnummer 19.
Nun steht der „Super Bowl der NASCAR“ an, und der 30-Jährige setzte den Camry auf die Pole. Er selbst hätte sich nie träumen lassen, einmal an dieser Stelle zu stehen: „Ich hätte nicht gedacht, dass ich jemals ein Rennen in einer nationalen Serie fahren würde. Jetzt das Feld beim Great American Race anzuführen, ist verrückt für mich.“ Briscoe betont die Bedeutung des Moments weiter: „Man merkt gar nicht, was für eine riesige Hausnummer das ist, bis man es selbst erlebt hat. Ich schaute auf mein Handy und gefühlt hatte ich 300 Nachrichten. Auf der Pole-Position des Daytona 500 zu stehen, ist eine wirklich große Sache.“
Toyota tat sich im Qualifying auf den Superspeedways traditionell schwer. Zuletzt stand Kyle Busch in Daytona beim Coke 400 ganz vorne – das war 2013. Beim Daytona 500 hatte es Toyota bis dato noch nie geschafft. Doch offenbar wurde in der Off-Season intensiv gearbeitet, wie Briscoe berichtet: „Ziel in der Off-Season war es, auf den Superspeedways besser zu werden.“ Der Pole-Sitter weiter: „Ich hatte das Gefühl, dass mein Auto im Training wirklich sehr gut war, und dann im Qualifying so eine gute Runde zu fahren, hat sich mega angefühlt.“
Auch für Toyota und Joe Gibbs Racing ist diese Pole-Position ein Meilenstein, nachdem Ford und Chevy diese Ehre bereits mehrfach zuteil wurde. „Es ist eine unglaubliche Art, in die Saison mit Toyota zu starten. Einfach in der Lage zu sein, derjenige zu sein, der ihnen das erste von irgendetwas liefert, wobei Toyota schon so viel erreicht hat, ist ziemlich cool.“
Die gesprengten Ketten lösen auch im Gibbs-Team Emotionen aus: „Tyler Gibbs und jeder, der danach zu mir kam – man konnte in ihren Augen sehen, wie viel es ihnen bedeutet. Sogar für den Coach [Joe Gibbs] war es erst die zweite Daytona-500-Pole in seiner Karriere.“
Damit ist der Grundstein für das Rennen am Sonntag gelegt. Doch Briscoe ist sich noch unsicher, wie er seinen Fahrstil in den Duels anpassen soll – ob er hart fährt oder nicht: Er will auf keinen Fall sein Auto gefährden.
Die Pole ist statistisch gesehen die beste Ausgangslage, um das Daytona 500 zu gewinnen. Sie hat jedoch Vor- und Nachteile, wie Briscoe erklärt: „Ich denke, der Vorteil ist definitiv die Track-Position, die jetzt schwerer zu bekommen ist als früher. Von vorne zu starten, macht es definitiv einfacher. Der Nachteil ist, dass man mehr Benzin verbraucht, wenn man in der ersten Reihe steht.“ Doch Briscoe weiß: „Darauf kann man sich nicht ausruhen. Am Ende muss man immer noch seine Leistung bringen und sich nach 500 Meilen richtig platzieren.“
Startplatz von NASCAR-Veteranen ebenfalls gesichert
Auch Martin Truex Jr. und „Mr. Seven-time“ Jimmie Johnson sicherten sich im Qualifying ihren Startplatz für das „Great American Race“. Sie waren die beiden schnellsten Open-Teams, was ihnen eine große Last von den Schultern nimmt.
Selbst ein siebenfacher NASCAR-Champion wie Johnson atmet nach dem Qualifying tief durch. Im vergangenen Jahr hatte er sich erst in einer nervenaufreibenden letzten Runde über die Duels qualifiziert, weil er im Einzelzeitfahren zu langsam war. „Ja, es ist gelinde gesagt eine große Last, die von mir abgefallen ist. Die Erlebnisse vom letzten Jahr sind nachts immer noch teilweise in meinem Kopf. Ich bin ein paar Mal mit Albträumen aus dem Bett gesprungen, als der Tag näher rückte. Natürlich besteht immer noch die Chance, sich über die Duels zu qualifizieren, aber ich bin froh, dass wir das hinter uns haben und uns darüber keine Gedanken mehr machen müssen.”
Auch Truex Jr. ist erleichtert: „Wir können uns jetzt darauf konzentrieren, an unserem Auto für Sonntag zu arbeiten und das Auto besser kennen zu lernen, wenn es nötig ist.“
Trotz der Erleichterung sparte Truex Jr. schon vor dem Qualifying nicht mit Kritik an der neuen Open Exemption Provisional, die Helio Castroneves einen stressfreien Start beim Daytona 500 ermöglicht: „Ich meine, das ist wie ein Schlag ins Gesicht. Ich bin seit über 20 Jahren in diesem Sport, es hat mir natürlich auch viel gegeben und ich will immer noch Rennen fahren.“
„Aber wenn ich jetzt Jimmie Johnson wäre, wäre ich sauer. Wenn du siebenmaliger Champion bist und NASCAR sagt: ‚Das ist uns egal, du musst dich trotzdem qualifizieren‘, aber ein brandneuer Fahrer bekommt einfach einen Platz geschenkt – das ist für mich ein bisschen ungewöhnlich. Was auch immer du machst, nimm drei oder vier von diesen Fahrern und lass sie alle fahren, das macht das Feld größer, am Ende sind sowieso nur noch acht oder zehn Autos übrig.”
Abseits der Diskussionen um die Startplätze überwiegt bei Truex Jr. jedoch die Vorfreude auf die Zusammenarbeit mit einem alten Bekannten.
Das Wiedersehen mit Cole Pearn, der laut ihm noch nervöser war als er selbst: „Ich glaube, es wird jetzt noch mehr Spaß machen. Er [Pearn] war heute ziemlich nervös, nervöser als ich, das steht fest. Es ist gut, dass er zurück ist. Ich muss ihn daran erinnern, seine Sonnencreme aufzutragen. Er ist nicht mehr in Kanada und hat sich heute schon einen Sonnenbrand geholt“ scherzt Truex Jr. über seinen Crew-Chief, mit dem er 2017 den Titel holte. „Ich habe ihn an der Strecke vermisst. Es macht so viel Spaß, mit ihm zu arbeiten und ich freue mich darauf, dieses Rennen hoffentlich mit einem Sieg zu beenden. Das wäre großartig.“
Autor(en)
Eriks Begeisterung für den Motorsport entfaltete sich frühzeitig, als er gemeinsam mit seinem Vater den Sachsenring besuchte. Das dort stattfindende ADAC GT Masters war ein prägendes Erlebnis für ihn. 2017 entdeckte er durch Zufall NASCAR im Fernsehen und schaute gemeinsam mit seinem Vater, einem großen Fan, die Rennen. Schon als Simracer kommentierte er virtuelle Ligen für Abgefahren Community und Virtual Racing. So kam er in Kontakt mit der Welt der Kommentatoren. Im Laufe seines Lebens besuchte er zahlreiche Live-Events. Sein Interesse gilt nicht nur den Rennen selbst, sondern auch dem Geschehen im Fahrerlager. Um seine Leidenschaft weiter auszubauen, entschied er sich, bei Leadlap.de als Hobbyredakteur und Podcaster seine nächsten Schritte in der Medienwelt zu machen.