NASCAR und das Short-Track-Problem: Wie kann es gelöst werden?

NASCAR und das Short-Track-Problem: Wie kann es gelöst werden?
Credits: NASCARMedia/Sean Gardner/Getty Images

Das Martinsville-Rennen 2023 hat wie schon beim Debüt in der Vorjahressaison die Schwächen des neuen Gen7-Autos entlarvt – Doch wie kann das Problem gelöst werden?

NASCAR hat ein Problem mit den Gen7-Autos auf den Short-Tracks, wie das Rennen in Martinsville 2023 trotz der Anpassung des Pakets gezeigt hat. Die Fahrer hatten Schwierigkeiten, selbst deutlich langsamere Konkurrenten zu überholen und zu attackieren. Zwar hat NASCAR die Aerodynamik der Next-Gen-Autos auf Basis der Daten aus dem Vorjahr angepasst, dennoch gibt es viel Kritik von den Fahrern. Doch lässt sich das Problem lösen?

“Wir sind auf den Short-Tracks und auch auf den Rundkursen in einer schlechten Position”, sagt Christopher Bell gegenüber ‘Out of the Groove’. “Alles, was wir mit dem Auto machen, ist eigentlich nur ein kleines Pflaster für das eigentliche Problem: die Leistung. Wer hätte gedacht, dass wir nach Martinsville fahren, der kleinsten Strecke im Kalender, und dort schalten?”

“Ich habe mich seit meinem Einstieg in die Cup-Serie im Jahr 2020 für mehr Leistung eingesetzt”, stellt der aktuelle Tabellenführer klar. “Mehr Power würde vieles in der Serie deutlich besser machen.” Mit dieser Meinung steht Bell nicht alleine da, auch Denny Hamlin hat sich zu dem Thema geäußert und gegenüber ‘NBC Sports’ klare Kante gezeigt: “Wir sind in dieser Box und die NASCAR-Führung will uns dort haben, weil sie ständig die Leistung reduzieren und wir deshalb schalten müssen.”

Doch neben der Leistung hat Hamlin noch eine zweite Schwachstelle ausgemacht, an der NASCAR ansetzen könnte, um das Racing auf den Short-Tracks zu verbessern: die Reifen. “Wenn wir das Problem in den Griff bekommen wollen, brauchen wir entweder mehr Leistung oder Reifen, die schneller verschleißen”, sagt der Gibbs-Pilot und 23XI-Besitzer. “Wir müssen etwas anderes ausprobieren, denn wir können es uns nicht leisten, wie an der Perlenkette hinter dem Führenden herzufahren.”

“Wir wollen verdammt noch mal Überholmanöver an der Spitze sehen, aber davon kann derzeit keine Rede sein”, schimpft der erfahrene Rennfahrer. Die Statistik zeigt, dass Martinsville ein spannendes Rennen für Strategiefüchse war, doch mit zehn Führungswechseln, drei davon auf der Strecke, einer zwischen Fahrern auf derselben Reifenstrategie, tat sich an der Spitze herzlich wenig. In der Gen-6-Ära von 2013 bis 2020 gab es durchschnittlich 16 Führungswechsel pro Rennen. 33 Führungswechsel im Frühjahrsrennen 2014 sind der Rekord.

In der Saison 2019 gab es in Martinsville allerdings schon einmal eine Situation, die zu wenig Bewegung an der Spitze führte. In den beiden Saisonrennen gab es jeweils nur drei Führungswechsel. In dieser Saison haben die Autos auf den Short-Track-Kursen 750 Pferdestärken und damit 80 Pferdestärken mehr als die Gen7-Autos. Reine Leistung ist also kein Garant für viel Bewegung an der Spitze, wenn das Gesamtpaket nicht stimmt. Aber ist es überhaupt möglich, die Gen7-Autos kurzfristig mit mehr Leistung auszustatten und ist das überhaupt gewollt?

Laut Doug Yates von Roush Yates Engines wäre es für Motorentuner kein Problem, die Leistung zu minimalen Kosten um 50 bis 100 Pferdestärken zu steigern, aber bisher sei dies in den Gesprächen mit NASCAR kein Thema gewesen. Um die Kosten zu senken, war das Downsizing ein Schritt, den die Serie und die Hersteller gemeinsam gegangen sind. Außerdem sollte damit ein neuer Hersteller gewonnen werden, was bisher nicht gelungen ist. Und trotz der langlebigen Motoren sollen die Kosten nicht gesunken sein.

Muss NASCAR also neben der Aerodynamik auch die Leistung der Autos auf den Short-Track ändern? Laut Dale Earnhardt Jr. gibt es noch eine weitere Variable in der Rechnung, die für besseres Racing sorgen könnte: die Bremsen. Das Gen7-Auto hat größere Bremsen als sein Vorgänger, weshalb die Autos 2023 deutlich schneller zum Stehen kommen. Auch deshalb wird das Überholen in Martinsville schwieriger, da die Angriffszone – also die Bremszone – und der Raum für Fehler kleiner geworden sind. Es darf nämlich nicht außer Acht gelassen werden, das Rennsport ein Fehlersport ist. Ohne Fehler gibt es kaum Überholmanöver.

Doch was bedeutet das Short-Track-Problem für NASCAR? Befindet sich die Serie auf dem absteigenden Ast? Nein, da sind sich viele Fahrer einig. Joey Logano sagt: “Wir machen die Dinge schlimmer, als sie sind, so ist das im Leben. Die Leute beschweren sich mehr, als dass sie Komplimente machen. Das ist die Einstellung in unserer Gesellschaft heutzutage, wir haben eine negative Denkweise.” Laut Logano wird an den Problemen auf den Short-Tracks gearbeitet und der zweifache Champion ist sich sicher, dass eine Lösung gefunden werden wird.

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André Wiegold