Nach starkem Daytona 500: Folgt der Vollzeit-Einstieg von JR Motorsports?

Beim Daytona 500 überraschte JR Motorsports mit einem erfolgreichen Rennen – Könnte das der Grundstein für ein Vollzeit-Programm sein?
Die Namen Earnhardt und Daytona sind aus verschiedenen Gründen miteinander verbunden. Sei es der lang ersehnte Sieg von Dale Earnhardt Sr. im Jahr 1998, sein tödlicher Unfall beim Daytona 500 im Jahr 2001 oder nun das Debüt seines Sohnes mit JR Motorsports im Jahr 2025. Es war eines der größten Erlebnisse für Dale Earnhardt Jr. und sorgte für große Emotionen im und rund um das Team. Ob der Rennstall weiterhin in der Cup Series zu sehen sein wird, ist ungewiss – doch Earnhardt Jr. scheint bereit für den nächsten Schritt.
Die Basis von JR Motorsports liegt 36 Autominuten nördlich von Charlotte in North Carolina. Von dort aus betreibt das Team vier Vollzeit-Teams in der Xfinity Series – alles organisiert in einer 6.100 Quadratmeter großen Werkstatt in Mooresville. Zum Vergleich: Hendrick Motorsports, eines der erfolgreichsten NASCAR-Teams, verfügt über einen Komplex von rund 40.000 Quadratmetern.
Von T‑Shirts zum Rennteam
JR Motorsports ist eng mit Hendrick Motorsports verbunden. Teambesitzer Rick Hendrick hält zusammen mit Dale Earnhardt Jr., dessen Schwester Kelley Earnhardt Miller und deren Ehemann Wayne L. W. Miller Anteile an dem Rennstall. Ursprünglich startete das Unternehmen unter dem Namen Dale Earnhardt Inc. und verkaufte zunächst nur Earnhardt-SR-T-Shirts. Erst 2002 entschied sich Earnhardt Jr. dazu, das Unternehmen in ein Rennteam umzuwandeln. Damals fuhr T.J. Majors das erste Rennen in der Street Stock Division im Concord Motorsport Park.
Mittlerweile ist das Team die Nachwuchsschmiede von Hendrick Motorsports und hat bereits Fahrer wie den NASCAR-Champion von 2020, Chase Elliott, sowie weitere erfolgreiche Fahrer wie den zweimaligen Daytona-500-Sieger William Byron und Tyler Reddick hervorgebracht. 2025 kündigte Earnhardt Jr. in seinem Podcast an, dass JR Motorsports am Daytona 500 teilnehmen wird.
Auch wenn es sich um ein besonderes Engagement handelt, das in keiner Weise mit dem der anderen Teams zu vergleichen ist, wie Earnhardt Jr. in seinem Podcast Dale Jr. Download sagt: “Wir haben an vielen Stellen gespart, um diesen Deal wirtschaftlich zu stemmen. Ich möchte nicht sagen, wir hätten genau wie die anderen Teams in ihren Boxen agiert. Es hat mir aber das Gefühl gegeben, was es heißt, in der Boxengasse [der Cup Series] zu sein.”
Der Einzug ins Daytona 500
Die Teilnahme am Daytona 500 war für Earnhardt Jr. das wichtigste Ziel, nachdem der Deal unter Dach und Fach war. Ein gutes Ergebnis stand dabei nur im Hintergrund: “Es hätte mir gereicht, im Rennen zu sein, und ich wäre dankbar gewesen”, sagt er.
Mit der Teilnahme am Great American Race hatte Earnhardt Jr. überhaupt nicht gerechnet:
“Ich hätte nicht gedacht, dass wir es schaffen. Wir reisten an, luden das Auto aus und fuhren die ersten Runden. Wir waren etwas enttäuscht von der Pace des Fahrzeugs und wussten nicht genau, woran es lag: Das Qualifying lief auch nicht gut und wir waren sogar langsamer als im Training.”
In den Duels gab es dann die große Erleichterung: Justin Allgaier qualifizierte die Nummer 40 von JR Motorsports für das Daytona 500. “Er [Allgaier] hat einen Weg gefunden, uns zum Teil der Show zu machen. In dem Moment war ich so glücklich, weil ich wusste, wir fahren noch ein paar Trainings und dann schieben wir unser Auto in die Startaufstellung für das Daytona 500 und lassen es für das Rennen von der Leine.”
Ohne Druck ins Rennen und ausprobieren, was geht
Earnhardt Jr. ging das Rennen eher entspannt an und versuchte, Allgaier den Druck zu nehmen, der durch den Einsatz ohnehin auf ihm lastete: “Ich habe Justin [Allgaier] gesagt, dass ich keine Erwartungen habe und dass er nicht darüber nachdenken soll, was ich will oder was ich von ihm erwarte. Er fährt das Auto und soll aufgrund seiner Erfahrung einfach das machen, was er in dem Moment für richtig hält.”
Kaum war die grüne Flagge geschwenkt worden, verspürte Earnhardt Jr. schon Zufriedenheit. “Als die grüne Flagge für das Daytona 500 fiel, dachte ich: ‘OK, ich bin fertig, es war für mich der Gong am Ende eines Boxkampfes.’” Er fügt hinzu: “Wir hatten alles geschafft, was auch immer passiert, es lag außerhalb meiner Kontrolle. Wenn wir eine Runde nach dem Start auf der Gegengeraden gecrasht wären, wäre es für mich in Ordnung gewesen.”
Earnhardt Jr. beschreibt das Rennen als etwas seltsam, da er einerseits zufrieden war, andererseits aber auch wollte, dass sein Team weiter nach vorne kommt.
Auch sein Verhalten am Kommandostand war anders als bei den gewohnten Rennen mit seinem Xfinity-Team, bei denen er sich als Besitzer eher im Hintergrund hält: “Ich war sehr stark in diesen Cup-Deal involviert und habe Greg [Ives] während des gesamten Prozesses über die Schulter geschaut und war am Design des Autos beteiligt.”
“Als ich dann an die Rennstrecke kam, fühlte es sich für mich ganz natürlich an, mich einzumischen und mitzureden. Justin [Allgaier] und ich hatten die Abmachung, dass ich mit ihm kommuniziere, und Greg [Ives] war damit einverstanden. Ich habe mich sehr wohl gefühlt, aber die Art und Weise, wie ich mit dem Xfinity-Team zusammenarbeite, ist anders.”
Für Earnhardt Jr. war der neunte Platz nur das Sahnehäubchen auf einem gelungenen Debüt: “Ich wusste, dass wir den Unfall überstanden hatten und ins Ziel kommen würden, aber ich wusste nicht, wo wir am Ende stehen würden.”
Realität nach dem Rennen
Auch wenn das Daytona 500 ein Highlight in Earnhardts Leben war, ging sein Alltag danach ganz normal weiter: “Ich war dabei, als unser Team alles verlud, um nach Hause zu fahren, und als wir aus Daytona zurückkamen, ging es zurück in die Realität: Die Kinder sind krank oder müssen morgens geweckt werden, um zur Schule zu gehen, der Müll muss rausgebracht und die Hunde gefüttert werden.”
Als Erinnerung an das Rennen bleiben ihm die Zündkerzen aus den Duels und dem Rennen. Wie es mit dem Team und einem weiteren Cup-Einsatz weitergeht, ist noch unklar: “Ich weiß nicht, ob wir in diesem Jahr noch ein Rennen fahren werden, das hängt vor allem von den Partnern und Sponsoren ab.“
Ausblick in die Zukunft
Aber wie geht es weiter mit dem Team? Kommt ein nächstes Rennen, kommt vielleicht sogar irgendwann der Vollzeit-Einsatz. Eines ist sicher: Das Team hat Blut geleckt und will mehr, aber auch nichts überstürzen. Earnhardt Jr. erklärt am Beispiel eines Charters, der aktuell 40 Millionen US-Dollar kosten soll, wie es weitergehen könnte: “Ich werde keine 40 Millionen Dollar ausgeben. Ich würde fünf oder zehn Millionen meines eigenen Geldes in der richtigen Situation investieren. Vielleicht auch mehr, sodass ich einen Anteil von 20 Prozent an dem Charter hätte.”
Alles andere müsste seiner Meinung nach durch Investoren kommen. Wie ein Investor sein sollte, darüber hat er schon genaue Vorstellungen: “Das kann nicht eine beliebige Person sein. Du gehst nicht mit jemandem eine Partnerschaft ein, nur weil er Geld hat. Du musst ein gutes Gefühl bei dieser Person haben, es ist wie eine Ehe, die du schließt.”
“Du musst sicher sein, dass diese Person kompromissfähig ist und Entscheidungen treffen kann. Es muss jemand sein, mit dem du über einen langen Zeitraum von zehn bis 20 Jahren klarkommst – und nicht jemand, mit dem du nach zwei oder drei Jahren über Managemententscheidungen streitest.”
“Es gab schon Leute, die investieren wollten, und wir haben über das Geld gesprochen, und sie hatten genug, aber es war einfach nicht das, was Kelly [Earnhardt Miller] und ich wollten. Wir werden es nicht machen, mit irgendeinem Risiko, und es geht mir nicht um die Finanzen”, stellt die NASCAR-Legende klar.
Earnhardt Jr. ist sich ganz klar bewusst, dass ein Vollzeit-Team in der höchsten Cup Stufe eine große Herausforderung ist und mit viel Verantwortung, Investoren, Sponsoren und guter Zusammenarbeit verbunden ist. Das Team ist bereit und wartet nur noch auf einen Partner, mit dem es in den Cup einsteigen kann. Die Kosten? Es wird kolportiert, dass der Einsatz in der Cup-Serie rund 20 Millionen Dollar pro Auto kostet.
Autor(en)
Eriks Begeisterung für den Motorsport entfaltete sich frühzeitig, als er gemeinsam mit seinem Vater den Sachsenring besuchte. Das dort stattfindende ADAC GT Masters war ein prägendes Erlebnis für ihn. 2017 entdeckte er durch Zufall NASCAR im Fernsehen und schaute gemeinsam mit seinem Vater, einem großen Fan, die Rennen. Schon als Simracer kommentierte er virtuelle Ligen für Abgefahren Community und Virtual Racing. So kam er in Kontakt mit der Welt der Kommentatoren. Im Laufe seines Lebens besuchte er zahlreiche Live-Events. Sein Interesse gilt nicht nur den Rennen selbst, sondern auch dem Geschehen im Fahrerlager. Um seine Leidenschaft weiter auszubauen, entschied er sich, bei Leadlap.de als Hobbyredakteur und Podcaster seine nächsten Schritte in der Medienwelt zu machen.