„Where did he come from?“ So gewann Christopher Bell im COTA-Drama

Christopher Bell setzte sich in einem spannenden Finale im Cup-Rennen auf dem COTA durch – Damit ist er der erste Fahrer mit zwei Siegen in der NASCAR-Saison 2025
“Where did he come from” ist ein NASCAR-Ausdruck, den schon einige Fahrer geprägt haben – allen voran Matt Kenseth und Kevin Harvick. Er beschreibt einen Fahrer, der in einem Rennen lange unter dem Radar fliegt, dann aber zur richtigen Zeit am richtigen Ort ist, um den Sieg einzufahren. Diesen Ruf genießt nun auch Christopher Bell, der auf dem Circuit of the Americas (COTA) seinen zweiten Saisonsieg feierte. So schaffte der Gibbs-Pilot den Sprung in die Victory-Lane.
Hier die offiziellen Highlights des NASCAR-Rennens auf dem COTA
NASCAR fuhr zum ersten Mal auf der COTA-Kurzanbindung und das 95-Runden-Rennen hatte es in sich. Schnell kristallisierten sich drei heiße Anwärter auf den Sieg heraus: Kyle Busch, Shane van Gisbergen und AJ Allmedinger. Tyler Reddick hielt sich lange Zeit an der Spitze, doch sein aggressives Setup zerstörte ihm immer wieder die Reifen, weshalb seine Leistung nach etwa zehn Runden einbrach.
Eine Achterbahnfahrt der Gefühle
Bubba Wallace und Ryan Preece gewannen mit ihren Strategien die ersten beiden Segmente, hatten aber im Kampf um den Sieg keine Aktien. Vor den Stage-Pausen nutzten viele Fahrer die Gelegenheit, an die Box zu kommen, um ihre Strategie und ihre Position auf der Strecke zu optimieren, während Wallace und Preece jeweils draußen blieben, um die Bonuspunkte zu sammeln, um die sich auf dem COTA nur wenige Fahrer kümmerten.
In der dritten Stage mischten plötzlich zwei weitere Fahrer mit. William Byron fuhr ein starkes Rennen, lag regelmäßig in den Top 5 und hatte am Ende sogar Chancen auf den Sieg. Doch am Ende war es Bell, der die Konkurrenz bezwang und mit Strategie, eisernem Willen und einer starken Leistung einen überraschenden Sieg einfuhr – den zweiten nach seinem Sieg in Atlanta, als er ebenfalls aus dem Nichts kam.
Das Rennen an der Spitze war vor allem von einem geprägt: Respekt. Immer wieder tauschten Busch und van Gisbergen die Führung, harte Rempler oder Abschüsse blieben aus, obwohl Lack ausgetauscht wurde. In der letzten Runde hielt sich Bell im Gibbs-Toyota vor Byron, der ebenfalls auf einen finalen Bump verzichtete, der das Rennen auf den Kopf gestellt hätte. Eine späte Gelbphase war jedoch die Grundlage für Bells Sieg, der ohne die Neutralisierung des Rennens wohl keine Chance auf den ersten Platz gehabt hätte.
Bell ist sichtlich zufrieden
“Das war ein Deja-vu vom vergangenen Jahr”, sagte Bell nach der Zieldurchfahrt gegenüber FOX Sports. 2024 hatte er eine Chance, doch Byron blieb cool und sicherte sich den Sieg. “Damals hatte ich auch die Position auf der Strecke. Diese Rundkursrennen machen einfach Spaß.” Bell zeigte während des gesamten Rennens an der Spitze Respekt vor seinen Konkurrenten. Im Gegensatz zu anderen COTA-Rennen der Vergangenheit gab es 2025 kein Chaos, sondern pures, faires und actiongeladenes Racing.
“Wenn Kyle in Führung lag, habe ich versucht, vorsichtig zu sein”, fuhr Bell fort. “Wir wissen, was vergangenes Jahr passiert ist.” 2024 drehte Bell Busch um, was nach dem Rennen zu hitzigen Diskussionen führte. “So etwas wollte ich nicht noch einmal erleben. Ich wollte ihn sauber überholen. Er hat einen so guten Job gemacht, weil er immer gut aus den Kurven herausgekommen ist, so dass ich mich nie innen reinsetzen konnte.”
Bell attackierte Busch jedoch immer wieder und zwang den Childress-Piloten, die Reifen seines Chevrolet zu strapazieren. “Einmal verlor er die Balance und das reichte, um mich in Führung zu bringen. Dann dachte ich: ‚Ich darf mich jetzt nicht selbst schlagen.‘ Das waren die härtesten fünf oder sechs Runden, die ich je gefahren bin.”
Sechs Fahrer hatten realistische Chancen
Lange Zeit sah es so aus, als würde der Sieg nur über Busch, van Gisbergen oder Allmendinger gehen, doch die späten Cautions stellten das Geschehen auf den Kopf. Ohne die letzte Gelbphase wäre der Sieg wohl an Busch gegangen, der bereits einen komfortablen Vorsprung herausgefahren hatte. Am Ende fiel er wegen Reifenproblemen auf Rang fünf zurück.
Chase Elliott, der in der ersten Kurve von Ross Chastain auf die Hörner genommen wurde, landete nach einem starken Comeback und einer guten Strategie überraschend auf dem vierten Platz. Reddick wurde Dritter, Byron musste sich hinter Bell mit Rang zwei begnügen. Van Gisbergen verpatzte den Restart und fiel zurück. Der Neuseeländer verlor zu viel Boden und hatte auch nach der letzten Caution keine Pfeile mehr im Köcher, um vorne anzugreifen. Er wurde Sechster.
Bitterer Tag für Connor Zilisch
Allmendinger fuhr letztlich nur auf Platz 30. Für Trackhouse Racing war es ein Tag zum Vergessen: Erst sorgte Chastain für den ersten Crash, dann krachte Xfinity-Sieger Connor Zilisch in das Auto seines Teamkollegen Daniel Suarez, der auf dem Randstein die Kontrolle über seinen Wagen verloren und sich gedreht hatte. Anschließend wurde er von dem 18-Jährigen T-Bone getroffen. Wallace mischte zu Beginn des Rennens vorne mit, doch eine Strafe wegen Überschreitens der Track-Limits warf ihn zurück, wovon sich der 23-jährige nicht mehr erholte.
Mit zwei Saisonsiegen in drei Rennen ist Bell für die Playoffs qualifiziert und hat seine Titelambitionen untermauert. “Where did he come from?” Also: “Wo kommt er eigentlich her?” Diese Frage wird Bell wohl noch das eine oder andere Mal gestellt werden, denn sein Stil, unter dem Radar zu bleiben und im richtigen Moment zuzuschlagen, könnte die Saison 2025 des 30-Jährigen prägen. Sicher ist: Mit Bell ist im Titelkampf 2025 zu rechnen.
Autor(en)
Andrés Faszination für den Motorsport begann in seiner Kindheit, als er regelmäßig Ovalrennen in den Niederlanden besuchte und abends NASCAR- sowie IndyCar-Rennen im TV verfolgte. Während seines Ökonomiestudiums begann er 2014 als Hobby-Redakteur über den Rennsport zu schreiben und machte seine Leidenschaft zum Beruf. Heute ist er NASCAR-Kommentator bei Sportdigital1+ und begleitet IndyCar & IMSA live auf Motorvision+ – dazu kommen viele weitere Rennserien im Highlights-Format. Als Redakteur schreibt er für Motorsport-Total, Motorsport.com und Formel1.de und ist zudem Reporter, Kommentator und Redakteur im Mediateam der NASCAR Euro Series.